Frischkäse zu Hause gemacht – ohne Bakterien oder Lab, aber dank vieler frischer Kräuter vom Balkon trotzdem enorm lecker.
Eine Reise zurück in der Zeit
Irgendwann, vor langer Zeit, hatte ein Steinzeitmensch noch etwas Milch über. Doch er wollte weiterziehen. Verdammt, wohin mit dem Zeug, dachte er. Es ist zu kostbar, um weggeschüttet zu werden, aber flüssige Milch zu transportieren ist gar nicht so leicht. Aber hoppla, er hatte ja noch von der Jagd einen Kalbsmagen da – oben und unten zugebunden war das ein prima Transportbeutel für die Milch.
Später wollte er einen Schluck leckere Milch daraus trinken – und bekam nur eine wässrige Flüssigkeit (Molke) und ein paar gar nicht so übel schmeckende Bröckchen aus dem Kalbsmagen: der erste Käse.
So oder so ähnlich könnte es passiert sein. Denn irgendwann entdeckte der Mensch, dass im Kalbsmagen etwas ist, das Milch zu Käse werden lässt – genauer gesagt löst es das in der Milch enthaltene Kasein aus und trennt es von der Molke. Daraus hat sich im Laufe der Jahrtausende eine weit verzweigte und ausgesprochen leckere Käsekultur entwickelt.
Und was machen wir heute?
Heute haben wir selten einen Kalbsmagen zu Hause rumliegen. Wir kommen schon gar nicht auf die Idee, Milch damit zu transportieren. Dementsprechend machen wir auch keinen Käse. Wir kaufen ihn lieber praktisch im Supermarkt. Doch da geht es wieder einmal los: Das schlechte Gewissen. Man will ja nicht pausenlos auf die Lebensmittelindustrie schimpfen. Doch die Zutatenliste enthält neben Milch noch jede Menge Stabilisatoren, Säurungsmittel, natürliche Aromastoffe etc. Und mal ehrlich: So richtig lecker ist der Kräuterfrischkäse aus dem Kühlregal mit all den Extrazutaten auch nicht.
Die gute Nachricht ist: Einen einfachen Frischkäse kann man auch leicht zu Hause herstellen. Dafür benötigt man eigentlich Milchsäurebakterien (Sauerfrischkäse) oder Lab aus dem Kalbsmagen (Süßkäse). Da wir beides in der Regel nicht im Haus haben, behelfen wir uns mit Zitronensaft, um einen Sauerfrischkäse herzustellen.
Ob das Ganze dann überhaupt Käse genannt werden darf, da bin ich mir nicht sicher. Manche Internetseiten behaupten, der hier mit Zitronensaft hergestellte Frischkäse sei bereits Mozzarella. Das ist natürlich Quatsch. Alles, was wir mit diesem Rezept produzieren, ist ausgeflocktes Kasein. Für Mozzarella oder andere Käsesorten wären nun weitere Schritte erforderlich, bei denen man sehr genau auf Temperatur, Konsistenz etc. achten muss. Zuviel des Aufwands erst einmal. In der Türkei heißt diese Art des Frischkäses übrigens „Lor“, falls jemand mal auf der Suche danach ist.
Mit ein paar frischen Kräutern vom Balkon oder ein paar Gewürzen ist unser selbst gemachter, einfacher Frischkäse auch so schon köstlich. Die Zubereitung braucht nur ein paar Minuten – plus eine Nacht im Kühlschrank. Und als Nebenprodukt fällt Molke ab, aus der man ein erfrischendes Getränk machen kann.
Übrigens: Auf den Fotos ist der Käse noch am Tag der Herstellung zu sehen. Ich konnte es mal wieder nicht abwarten. Lecker war er schon, doch am nächsten Tag war er sehr viel cremiger. Wer keine frischen Kräuter hat, kann auch getrocknete Kräuter wie Thymian, Majoran, Estragon verwenden und etwas süßes Paprikapulver oder Currypulver unterrühren. Alles ist erlaubt.
Rezept Kräuterfrischkäse
Zutaten (für ca. 150g Frischkäse):
1 l Vollmilch, Bio, frisch
1 Zitrone, ausgepresst
1 EL Sahne
1Prise Salz
Kräuter nach Wunsch, hier: Petersilie, Schnittlauch, Dill, Estragon
Zubereitung:
-
- Die Milch erhitzt man vorsichtig in einem Topf, bis sie anfängt, zu dampfen, aber noch lange nicht kocht! Sicher gibt es bei der echten Käseherstellung genaue Temperaturen einzuhalten. Doch bei unserem improvisierten Zitronenfrischkäse drücken wir ein Auge zu und machen das nur Pi mal Daumen.
- Nun den Zitronensaft in die Milch geben und umrühren. Sofort beginnt die Milch auszuflocken und sie kann vom Herd genommen werden.
- Ist alles ausgeflockt, gibt man die Milch durch ein Passiertuch oder ein sauberes Küchenhandtuch und lässt den Käsebruch gut abtropfen. Man kann ihn auch vorsichtig ausdrücken, aber nicht zu fest, sonst wird der Käse zu trocken.
- Den abgetropften Käsebruch mit der Sahne, dem Salz und den Kräutern verrühren und über Nacht im Kühlschrank entspannen lassen. Danach ist er cremig und streichfähig.
- Die Molke kann man entweder gekühlt pur trinken. Oder man gibt den Saft von 1-2 Orangen hinein. Im Sommer, wenn es heiß ist, kann man etwas Salz in die Molke geben, das gleich den Mineralienverlust vom Schwitzen aus.
Dazu passt ein frisches Bauernbrot. Zum Beispiel mein selbst gebackenes rustikales Bauernbrot.
Und hier das Rezept noch einmal zum Ausdrucken:
(Wenn dich die Anleitungsfotos -falls vorhanden- stören, klicke sie einfach mit dem durchgestrichenen Kamerasymbol weg.)
Kräuterfrischkäse ohne Lab
Zutaten
- 1 l Vollmilch Bio, frisch
- 1 Zitrone ausgepresst
- 1 EL Sahne
- 1 Prise Salz
- Kräuter hier: Petersilie, Schnittlauch, Dill, Estragon
Anleitungen
- Die Milch erhitzt man vorsichtig in einem Topf, bis sie anfängt, zu dampfen, aber noch lange nicht kocht! Sicher gibt es bei der echten Käseherstellung genaue Temperaturen einzuhalten. Doch bei unserem improvisierten Zitronenfrischkäse drücken wir ein Auge zu und machen das nur Pi mal Daumen.
- Nun den Zitronensaft in die Milch geben und umrühren. Sofort beginnt die Milch auszuflocken und sie kann vom Herd genommen werden.
- Ist alles ausgeflockt, gibt man die Milch durch ein Passiertuch oder ein sauberes Küchenhandtuch und lässt den Käsebruch gut abtropfen. Man kann ihn auch vorsichtig ausdrücken, aber nicht zu fest, sonst wird der Käse zu trocken.
- Den abgetropften Käsebruch mit der Sahne, dem Salz und den Kräutern verrühren und über Nacht im Kühlschrank entspannen lassen. Danach ist er cremig und streichfähig.
- Die Molke kann man entweder gekühlt pur trinken. Oder man gibt den Saft von 1-2 Orangen hinein. Im Sommer, wenn es heiß ist, kann man etwas Salz in die Molke geben, das gleich den Mineralienverlust vom Schwitzen aus.
Notizen
Marina
Hallo Dirk,
vielen Dank für deine tollen Rezepte!
Letzte Woche habe ich nach deinen Erläuterungen einen Sauerteig angesetzt und mein erstes Sauerteigbrot gebacken.
Heute habe ich dieses Rezept für den Kräuterfrischkäse ausprobiert.
Toll, wie detailliert, verständlich und idiotensicher du alles erklärst!
Da macht es Spaß, neue Sachen auszuprobieren.
Auch deine Prinzipien (saisonal, regional, möglichst wenig Fertigprodukte, artgerechte Tierhaltung, …) finde ich sehr gut und aktueller denn je.
Mach bitte weiter so! :)
Viele Grüße
Marina
Dirk
Hallo Marina,
vielen Dank für deinen netten Kommentar! Das freut mich sehr! Es ist ein tolles Gefühl, wenn meine Art zu kochen, auch bei anderen gut ankommt.
Weiter viel Freude an meinen Rezepten und alles Gute!
Christl
Ich bin begeistert von dem selbstgemachten Frischkäse aus Milch. Bisher habe ich mir auch bereits aus angekochter Milch Brotaufstrich gemacht, nur ohne Sahne und spartanisch eben. Dieses Rezept mit frischen Kräutern und die tolle Konsistenz am nächsten Tag – super ! Gibts ab jetzt öfters :-)
Anna
Lieber Dirk,
Jetzt aber holla, schon der nächste Kommentar :)
Eben habe ich den Frischkäse „bekräutert“ und mich so gefreut dass ich dachte ich lasse mal ein Dankeschön da.
Ganz früher habe ich mit meinem Papa manchmal Paneer für indische Gerichte gemacht, das ging eigentlich auch so, nur wurde eben viel mehr gepresst. Aber irgendwie habe ich die Technik dann nie mehr angewendet und habe nur einige Male Kräuter „Frischkäse“ aus gut abgetropftem Labneh gemacht. Dabei ist dieser Prozess so toll und zufriedenstellend! Mein Sohn hat die Molke mit frischem Orangensaft zum Frühstück genossen.
Da ich nur Petersilie und Lauchzwiebeln da hatte habe ich diese genommen und noch ein Schüsschen sehr gutes Olivenöl und ganz wenig Knoblauch dazu gegeben. Sehr, sehr lecker.
Einen schönen Sonntag,
Anna
Dirk
Liebe Anna,
ja, das stimmt, der indische Paneer wird vom Ansatz her ebenso gemacht. Es gibt so viele Möglichkeiten damit und die leckere Molke ist hierzulande leider total unterbewertet. In Österreich gibt es die in jedem Supermarkt. Schöne Grüße!