Sie gehört zu nasskalten Tagen, wie das fallende Laub und sie verzeiht einem so ziemlich alles: Deftige Linsensuppe mit Schinkenknacker.
Meine noch junge Karriere als Leiter von Kochseminaren wurde neulich vor eine Herausforderung gestellt. Es galt, einen multinationalen Kochkurs zu bestreiten, mit Teilnehmern aus 7 europäischen Ländern. 35 Personen, davon 15 Kinder. Das Ganze fand in einer Eventküche statt, die bereits mit 10 Personen gut gefüllt ist. Das konnte ja heiter werden.
Stimmenbabel in der Küche
Erst während des Kurses wurde mir klar, dass es mich ins Stimmenbabylon verschlagen hatte. Nur ein kleiner Teil der Teilnehmer konnte Deutsch oder Englisch, bei den anderen kamen Hände und Füße zum Einsatz. Doch irgendwie haben sich alle gut verstanden und die Stimmung war prächtig.
Doch ich gebe auch offen zu: In den turbulenten Stunden, die der Kurs andauerte, gab es Momente in denen ich ernsthaft überlegte, einfach zu gehen. Es war die Hölle! Am Ende aber siegte das Gute, alle Gerichte wurden rechtzeitig fertig und von den zufriedenen Teilnehmern gab es begeisterte standing ovations. Glückliches Ende eines ereignisreichen Abends.
Sind so viele Hände…
Ich dachte, ich sei perfekt vorbereitet. Wohl wissend, dass nicht alle 35 Teilnehmer in der kleinen Küche gleichzeitig kochen können, hatte ich mir allerhand ausgedacht, Gruppen aufgeteilt und mir Aufgaben überlegt. Jede Gruppe sollte eine deutsche Spezialität kochen. Dafür erhielten sie detaillierte Rezepte, abgewogene Zutaten und die benötigten Küchengerätschaften. Alles, damit in der kleinen Küche kein Chaos ausbricht.
Womit ich nicht gerechnet hatte, war der Eifer, der sich Bahn bricht, wenn 70 Hände so schnell wie möglich das beste Essen von allen kochen wollen. Ich hatte dem Gewinnerteam eine kleine Überraschung in Aussicht gestellt. EINE KLEINE! Doch das tat der Welle an Ambition keinen Abbruch.
Team Linsensuppe
Von allen Teams ist mir „Team Linsensuppe“ am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben. Es bestand aus einer leidenschaftlichen Köchin aus Slowenien und einem kleinen, deutschen Mädchen mit türkischen Wurzeln und großem Selbstbewusstsein. Die übrigen 3 Teammitglieder seilten sich bereits nach wenigen Minuten ab und schlossen sich klammheimlich anderen Gruppen an.
Mir wurde bald klar, wieso: Slowenien war eine erklärte Rezept-Verachterin. Sie koche nur „So nach Gefühl“, gab sie mir gleich zu verstehen. Eigentlich genau mein Ding. Außer an diesem Tag, wo alles bereits abgewogen und zugeteilt war. Sie gab meinem Flehen, sich ausnahmsweise ans Rezept zu halten, mit großer „Wenn’s-sein-muss“-Geste nach.
Unterdessen hatte das Mädchen in den Zutaten Puderzucker entdeckt, der für die Balsamico-Reduktion gedacht war. Sie beschloss kurzerhand, den Zucker nicht zu brauchen und reichte ihn ans Team „Dessert“ weiter. Ich angelte danach und gab ihn ihr augenzwinkernd zurück, mit dem Tipp, lieber noch mal ins Rezept zuschauen. Vielleicht brauche sie ihn ja doch. Dann wandte ich mich den anderen, hilfesuchenden Teams zu, sah aber noch im Augenwinkel, wie der Puderzucker geradewegs wieder zu „Team Dessert“ wanderte.
Einige Zeit später hatte ich wieder Luft, um nach Team „Linsensuppe“ zu sehen. Gerade rechtzeitig, denn Slowenien griff just in dem Moment nach dem Bauchspeck von „Team Zwiebelkuchen“. „We need pork fat,“ gab sie mir resolut zu verstehen. Klar, ich mag auch gerne Speck in der Linsensuppe. Doch mit Rücksicht auf die Vegetarier sollte die Suppe vegetarisch sein, mit separat gereichten Würsten für jeden, der mochte. Slowenien kommentierte das nur mit einem unverständigen: „But with pork it is much more tasty!“
Ich beruhigte sie damit, dass wir kurz vor dem Essen Schinkenknacker in einem separaten Topf erhitzen, dann aufschneiden und den Fleischessern auf die Linsensuppe geben würden, um nicht auf den leckeren Schweinegeschmack verzichten zu müssen. Um meiner Aussage Ausdruck und Glaubwürdigkeit zu verleihen, zeigte ich auf die Schinkenknacker, die aber im selben Moment klein aufgeschnitten von dem selbstbewussten Mädchen in die nächstbeste Pfanne gehauen wurden. Na gut, dachte ich mir, dann gibt es sie eben gebraten, und eilte den Hilferufen von Team „Grüne Soße“ entgegen.
Gras oder Schnittlauch?
Das Team Frankfurter Grüne Soße sollte die dafür typischen Kräuter im Garten suchen. Ich hatte sie dort wohlweislich versteckt. Leider hatte ich vergessen zu sagen, dass sie bereits hygienisch verpackt in Plastiktüten steckten und konnte das Team gerade noch davon abhalten, frisch gejätetes Unkraut zu verzehren, das sie mit ihren Smartphones als „Kerbel“ identifiziert zu haben glaubten.
Gerade wollte ich entspannen, da kam schon Slowenien wieder sichtlich erregt auf mich zugeeilt und rief: „I am going to kill that kid!“ Wie ich ihrem wild gestikulierend vorgetragenen Monolog entnehmen konnte, hatte das Mädchen beschlossen, nach „ihrem Gefühl“ zu kochen, was wohl nicht dem von Slowenien entsprach. Da ich mich innerlich bereits von dem Gedanken verabschiedet hatte, dass die Linsensuppe noch etwas werden würde, beruhigte ich sie und hoffte, der Tag würde irgendwann enden.
Ein Sieger steht fest
Es grenzt an ein Wunder, dass nach 3 Stunden alle 8 Gänge pünktlich auf dem Tisch standen. Und das Beste ist: Sie schmeckten richtig gut! Die Linsensuppe schaffte es auf Platz 2, knapp hinter Team „Dessert“ mit ihrem Kirschenmichel.
Fazit: Ob ihr euch nun also nun an dieses Rezept haltet, es verkehrtherum kocht oder einfach mal beschließt, die Zutaten mit dem Nachbarn zu tauschen – es wird offenbar immer irgendwie etwas Leckeres dabei herauskommen. Slowenien hat am Ende Recht behalten: Man kocht sie am Besten „So nach Gefühl“.
Übrigens: Das kleine Mädchen hat den Abend unbeschadet und mit ungebrochenem Selbstbewusstsein überstanden. Sie wollte ihre Suppe am Ende dann ohne dieses Puderzucker-Basiliko-Dings. Na, wenn’s weiter nichts ist…
Rezept Deftige Linsensuppe mit Schinkenknacker
Zutaten (für 4 Personen)
250 g Pardina Linsen, oder grüne Linsen
1 Zwiebel
1 Möhre
100 g Knollensellerie
100 g Lauch
2 Kartoffeln
1 Pastinake
1200ml Gemüsebrühe
125 g Bauchspeck
2 EL neutrales Öl
1 EL Tomatenmark
½ TL Piment, gemahlen
2 Nelken
1 Lorbeerblatt
(Werbelink)schwarzer Pfeffer (ganz) (*), frisch gemahlen
Salz, so nach Gefühl
Petersilie
Liebstöckel, frisch (optional)
1 EL Majoran, getrocknet
Für die Balsamico Reduktion:
1 EL Puderzucker
3 EL Aceto Balsamico
Außerdem:
4 Schinkenknacker
Zubereitung:
- Kartoffeln, die Möhre, Pastinake und den Sellerie schälen und würfeln, mit ca. 0,5 – 1cm Kantenlänge.
- Die Zwiebel halbieren, pellen und fein würfeln.
- Den Lauch halbieren, waschen und noch einmal länges vierteln. Dann quer in kleine Stücke schneiden.
- Die Linsen in einem (Werbelink)Sieb (*) waschen und vorsichtshalber nach Steinchen durchsuchen.
- Die Gewürze und den Lorbeer in einen (Werbelink)Teefilter (*) geben und diesen mit (Werbelink)Küchengarn (*) zubinden.
- In einem großen Topf das Öl auf mittlerer Temperatur erhitzen und die Zwiebeln darin andünsten, gefolgt vom Wurzelgemüse. Alles für mehrere Minuten anrösten, bis auch der Lauch in den Topf darf.
- Nun den klein geschnittenen Speck in den Topf geben und schmelzen lassen.
- Dann das Tomatenmark einrühren und mehrere Minuten lang anrösten.
- Mit der Brühe ablöschen und mit einem Holzspatel eventuelle Röststoffe vom Topfboden kratzen.
- Linsen und Kartoffel zufügen und die Suppe einmal aufkochen lassen. Leicht salzen, den Gewürzbeutel hineinlegen und alles für ca. 30-45 Minuten auf kleiner Hitze köcheln lassen.
- Sind die Linsen weich, die Schinkenknacker aufschneiden und in die heiße, aber nicht mehr kochende Suppe geben.
- Mit gehackter Petersilie und etwas frischem Liebstöckel bestreuen. Vorsichig dosieren, Liebstöckel heißt nicht umsonst „Maggie-Gewürz“. Zusammen mit dem Majoran alles unterrühren und für 10 Minuten ziehen lassen.
Für die Balsamico-Reduktion:
- Den Puderzucker in einer (Werbelink)Stielkasserole (*) bei mittlerer Hitze leicht karamellisieren lassen.
- Dann mit dem Balsamico Essig ablöschen. Achtung: Es entsteht sehr heißer Wasserdampf an dem man sich leicht verbrennt!
- Den Essig etwas einkochen lassen. Dabei löst sich auch der Zucker auf, der erst einmal im Topfboden hängen bleibt.
- Sobald die Reduktion größer werdende Blasen wirft, den Topf vom Herd ziehen. Ist die Reduktion abgekühlt, ist sie dicklich wie Sirup.
Anrichten:
- Die Suppe in Schalen verteilen und mit einem Spritzer der Balsamico-Reduktion verzieren.
Wer für Vegetarier kocht, lässt den Speck einfach weg, erhöht ein wenig den Anteil an Liebstöckel und erhitzt die Schinkenknacker für die Fleischesser separat in heißem Wasser. Oder brät sie in einer Pfanne. Oder, oder, oder… Fragt doch Slowenien und das kleine Mädchen. Die haben das echt gut hingekriegt!
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Und hier das Rezept noch einmal zum Ausdrucken:
(Wenn dich die Anleitungsfotos -falls vorhanden- stören, klicke sie einfach mit dem durchgestrichenen Kamerasymbol weg.)
Deftige Linsensuppe mit Schinkenknacker
Zutaten
- 250 g Pardina Linsen oder grüne Linsen
- 1 Zwiebel
- 1 Möhre
- 100 g Knollensellerie
- 100 g Lauch
- 2 Kartoffeln
- 1 Pastinake
- 1200 ml Gemüsebrühe
- 125 g Bauchspeck
- 2 EL neutrales Öl
- 1 EL Tomatenmark
- ½ TL (Werbelink)Piment gemahlen
- 2 Nelken
- 1 (Werbelink)Lorbeerblatt
- (Werbelink)schwarzer Pfeffer (ganz) frisch gemahlen
- Salz so nach Gefühl
- Petersilie
- Liebstöckel frisch (optional)
- 1 EL Majoran getrocknet
Für die Balsamico Reduktion:
- 1 EL Puderzucker
- 3 EL (Werbelink)Aceto Balsamico
Außerdem:
- 4 Schinkenknacker
Anleitungen
- Kartoffeln, die Möhre, Pastinake und den Sellerie schälen und würfeln, mit ca. 0,5 - 1cm Kantenlänge.
- Die Zwiebel halbieren, pellen und fein würfeln.
- Den Lauch halbieren, waschen und noch einmal länges vierteln. Dann quer in kleine Stücke schneiden.
- Die Gewürze und den Lorbeer in einen (Werbelink)Teefilter (*) geben und diesen mit (Werbelink)Küchengarn (*) zubinden.
- In einem großen Topf das Öl auf mittlerer Temperatur erhitzen und die Zwiebeln darin andünsten, gefolgt vom Wurzelgemüse. Alles für mehrere Minuten anrösten, bis auch der Lauch in den Topf darf.
- Nun den klein geschnittenen Speck in den Topf geben und schmelzen lassen.
- Dann das Tomatenmark einrühren und mehrere Minuten lang anrösten.
- Mit der Brühe ablöschen und mit einem Holzspatel eventuelle Röststoffe vom Topfboden kratzen.
- Linsen und Kartoffel zufügen und die Suppe einmal aufkochen lassen. Leicht salzen, den Gewürzbeutel hineinlegen und alles für ca. 30-45 Minuten auf kleiner Hitze köcheln lassen.
- Sind die Linsen weich, die Schinkenknacker aufschneiden und in die heiße, aber nicht mehr kochende Suppe geben.
- Mit gehackter Petersilie und etwas frischem Liebstöckel bestreuen. Vorsichig dosieren, Liebstöckel heißt nicht umsonst „Maggie-Gewürz“. Zusammen mit dem Majoran alles unterrühren und für 10 Minuten ziehen lassen.
Für die Balsamico-Reduktion:
- Den Puderzucker in einer (Werbelink)Stielkasserole (*) bei mittlerer Hitze leicht karamellisieren lassen.
- Dann mit dem Balsamico Essig ablöschen. Achtung: Es entsteht sehr heißer Wasserdampf an dem man sich leicht verbrennt!
- Den Essig etwas einkochen lassen. Dabei löst sich auch der Zucker auf, der erst einmal im Topfboden hängen bleibt.
- Sobald die Reduktion größer werdende Blasen wirft, den Topf vom Herd ziehen. Ist die Reduktion abgekühlt, ist sie dicklich wie Sirup.
Anrichten:
- Die Suppe in Schalen verteilen und mit einem Spritzer der Balsamico-Reduktion verzieren.
Dorothee Schweig
Lieber Dirk, gratuliere Dir zum großen Kochevent.
Linsensuppe gehört seit Jahren zu unseren Essgewohnheiten, der Unterschied zu Deinem Rezept
sind die vielen guten Gartenkräuter, die ich jetzt auch nach Deiner Version probieren werde.
LG Doro
Dirk
Vielen Dank! Wann immer es Kräuter gibt, verwende ich sie gerne. Nur beim Liebstöckel muss man aufpassen – der ist sehr intensiv und man tastet sich am besten mit kleinen Mengen vorsichtig heran. Viel Spaß beim Nachkochen!
Gabriele Noack
Lieber Dirk,
so, nun habe ich mittlerweile die Linsensuppe nachgekocht. Superlecker! Allerdings habe ich sie vegetarisch zubereitet – was mir zuerst einmal ziemlichen Ärger bei meinen restlichen (männlichen) Familienmitglieder eingebracht hat („In eine Linsensuppe gehört ne Wurscht!“). Aber geschmeckt hat`s!
Als nächstes ist der Rote Beete Salat dran! LG Gabriele
Dirk
Liebe Gabriele,
super, freut mich, dass die Suppe gut gelungen ist. Ich finde ja auch, dass sie mit Wurst/Speckeinlage besser schmeckt – das ist eben eine Grundsatzentscheidung. Darüber gingen beim Kochkurs – wie im Artikel beschrieben – die Meinungen weit auseinander. Aber toll, dass du auch weiterhin meinen Rezepten treu sein willst!
Lieber Gruß, Dirk
Stefan
Moin Dirk,
gestern habe ich mich an die Linsen gemacht, aber auch die veggi Variante gewählt.
Dein Rezept war natürlich Basis für meine Version, aber auch ich koche gerne so nach Gefühl! Liebstöckl hatte ich nicht, Piment kam im Ganzen (2 Stück) in ein Tee-Ei, als Pulver hätte es sich durch die Löcher verflüchtigt.
Nur mit Deiner Wassermenge kam ich nicht ansatzweise klar, bei mir brauchte es ca. 1,5 Liter, und am Ende kam ein Eintopf raus, keine plörrige Suppe.
Aber saulecker ist es geworden.
Dankeschön also für das Rezept, soviel Zeit muss sein!
Beste Grüße aus dem Norden
Stefan
Dirk
Moin Stefan,
Danke für das tolle Feedback. Das Rezept ist ja schon ein paar Jahre alt und ich musste grad selbst nochmal nachsehen, was ich da als Flüssigkeitsmenge angegeben habe. 850ml ist tatsächlich sehr wenig bei 250g Linsen, denn als Faustregel gilt, dass Linsen (uneingeweicht) ca das Dreifache an Flüssigkeit aufnehmen (merken!). Wenn man also einen Eintopf oder eine Suppe haben will, braucht man deutlich mehr Flüssigkeit. Wie das damals Zustande kam, weiß ich nicht mehr und es kann auch Unterschiede bei den Linsen geben. Ich finde es bei so einer Suppe aber auch kein Problem, nicht nur Brühe zu verwenden, sondern auch Wasser nachzugeben, denn die Linsen bringen von sich aus schon viel Geschmack in die Suppe. Ich denke, ich werde die Angabe mal So nach Gefühl auf ca. 1,2l erhöhen und dann muss jede(r) selbst sehen, ob er/sie noch mehr Flüssigkeit braucht. Das ist am Ende ja auch eine Frage der persönlichen Vorliebe. Der Ö. mag es lieber dickflüssiger, ich lieber dünner. Daher koche ich solche Suppen meist etwas dicker und verdünne sie für mich dann noch mal. Mag sein, dass das auch damals eine Rolle gespielt hat :-)
Trotzdem super, dass es geschmeckt hat. Linsen sind einfach klasse!
Herzliche Grüße in den Norden,
Dirk
Christl
:-) einfach nur schön, Deine Beschreibung des Kochseminars … Linsensuppe, eine gute Idee bei dem Wetter !!